Die Bevölkerung Liechtensteins wächst kontinuierlich und vor allem der Anteil der älteren Menschen wird sich in den
kommenden Jahrzehnten deutlich erhöhen: 2050 werden in Liechtenstein 44027 Bürger leben, falls sich der aktuelle Trend so fortsetzt.
Während also die Zahl der 65-Jährigen und älteren Personen klar steigen wird, aber im Gegenzug die Anzahl der Unter- 19-Jährigen zurückgehen wird. Das wird nicht nur die Altersvorsorge und das Gesundheitssystem vor grundlegende Herausforderungen stellen, sondern auch das Bildungssystem.
Im Auftrag der Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell hat Frank Bodmer vom IHK Research Zoom das Ostschweizer Bildungssystem unter die Lupe genommen und die zukünftigen Entwicklungen geprüft: «In der Berufslehre, nach wie vor der zentrale Ausbildungsbereich in der Ostschweiz, müssen St. Gallen und Appenzell mit einem Rückgang der Auszubildenden rechnen. Auch bei den gymnasialen Maturitätsschulen drohen sinkende Schülerzahlen.» Somit seien die Ausbildungsstätten gezwungen, Anpassungen vorzunehmen. Frank Bodmer meint, dass sich
in der Berufsbildung die tieferen Zahlen der Jugendlichen unter anderem in einem verstärkten Wettbewerb um potenzielle Lehrlinge bemerkbar machen würden. Lehrverträge mit den besten Kandidaten würden bald immer früher abgeschlossen werden und es könnten in Zukunft nicht mehr alle Lehrstellen besetzt werden. Industrie- und Gewerbebetriebe kämpfen bereits jetzt mit Nachwuchssorgen. Doch mit dem Eintreten der prognostizierten Zahlen dürf- ten vor allem auch handwerkliche Berufsgruppen wie Schreiner, Metallbauer oder Fleischfachmann noch stärker unter Druck geraten, als sie es sowieso schon sind. Zum einen werden die Lehrstellen in Zukunft nicht mehr knapp sein, die Jugendlichen haben dann ingesamt eine grössere Auswahl. Zum anderen spielen Angebot und Nachfrage bei der Wahl mit. Ob in der öffentlichen Verwaltung oder im privaten Sektor, im kaufmännischen Bereich gibt es mit Abstand die meisten Lehrstellen, und es ist die mit Abstand beliebteste Ausbildung.
Gemäss Berechnungen des Bundesamtes für Statistik der Anteil der Unter 15-Jährigen im Jahr 14,8 Prozent, 2050 wird der Anteil aber nur noch bei 13,6 Prozent liegen. Dieselbe Entwicklung zeigt sich auch in einer Bevölkerungsprognose für Österreich. Dort war im Jahr 2015 der Anteil der Unter-15-Jährigen bei 14,2 Prozent, 2050 wird er bei 13,6 Prozent liegen.
Bis 2009 waren bei der Berufslehre steigende Zahlen zu verzeichnen, inzwischen hat in der Ostschweiz aber ein deutlicher Negativtrend eingesetzt, der laut Szenarien anhalten wird. Auch für Liechtenstein gilt dasselbe, wie das Amt für Statistik in der Bildungsstatistik 2018 verdeutlichte: «Mit 282 Lehrbetrieben im Berichtsjahr 2018 wurden noch nie so wenige Lehrbetriebe in Liechtenstein gezählt, wie seit Beginn der Statistik im Jahr 2006/07, in dem 389 Lehrbetriebe gemeldet wurden. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Abnahme von 6,9 Prozent der Lehrbetriebe in Liech- tenstein. Der Anteil der Lehrstellen am Anteil der Arbeitsstellen reduzierte sich ebenfalls und sank von 5,9 Prozent im Vorjahr auf 5,6 Prozent.»