Der Drogenkonsum ist unter Jugendlichen in Liechtenstein stark angestiegen. Das belegen teilweise die spärlich vorhandenen Zahlen: Laut Kriminalstatistik wurden 2018 bei den 14- bis 18-Jährigen in Liechtenstein rund 60 Vorfälle registriert. Im Vorjahr waren es noch gut die Hälfte. Es handelte sich dabei um Kontrolldelikte. Die Dunkelziffer dürfte jedoch um einiges höher sein. Das «Vaterland» hat mit drei Jugendlichen gesprochen, die Auskunft geben, welche Drogen und verschreibungspflichtige Medikamente sie missbrauchen, wie sie über die vorhandenen Gefahren denken und wie die Prävention und die Schule an ihnen vorbeiredet, in dem diese Stellen sich auf das Thema Cannabis versteifen, obwohl andere Rauschmittel genauso aktuell wären. Die Jugendlichen nennen Namen von Schmerzmitteln und codeinhaltigen Hustensirups, Beruhigungsmitteln wie Xanax und berichten darüber hinaus, wie Drogen wie Speed, Kokain und Ecstasy unter Gleichaltrigen eine weite Verbreitung «im Ländle» finden. Den Ernst der Lage erfahren sie dabei im Selbsttest. Die verschiedenen Medikamente und Drogen erhalten sie von verschiedenen Dealern. Ein beliebter Kommunikationskanal, um die Rauschmittel zu ordern, ist übrigens Snapchat.
Alessandro, 18
«Die negativen Folgen des Konsums habe ich selbst erlebt. Ich begann etwa vor zwei Jahren mit «Lean» (Anm. d. Red.: Hustensaft gemischt mit Sprite), «Xans» (Anm. d. Red.: Xanax) und so weiter. Man merkt wie die schulische Leistung nachlässt und wie die Vergesslichkeit sowie die Angst vor der Polizei steigt. Freunde, die nicht konsumieren, wenden sich ab. Die Freundin hat sich auch schneller verabschiedet, als man denken kann. Depressionen ergreifen folglich schnell von einem Besitz. Das Geld reicht plötzlich nicht mehr aus. Dies führt zu schlimmen Gedankengängen, wie zum Beispiel selbst mit dem Dealen anzufangen oder auch zu stehlen. Der Drogenkonsum, die sich verschlechternden Lebensumstände und die Depressionen bilden einen Teufelskreis. Das sind sicher Gründe, wieso man die Finger davon lassen sollte. Man ist schneller im Sumpf, als man angenommen hat, und der Entzug davon ist, wie ich von
Freunden gehört habe, grauenhaft.
Kevin, 19
In unserem Kreis ist der Gebrauch von Makatussin, Xanax, Oxycodon, Prometh Codeine und Ritalin gang und gäbe. Dies wird aber von Altersgenossen «im ganzen Ländle» konsumiert; neben den üblichen Drogen wie Kokain oder Speed. Erwachsene haben davon oftmals keinen Schimmer, Lehrer sowieso nicht. Man weiss oftmals, wer was nimmt, doch auch Jugendliche sprechen ausserhalb des eigenen Kreises nicht offen darüber. Passiert sind mir im Rauschzustand schon einige üble Geschichten – vom Handyverlust bis auf das Herumlungern, «high» vor der Polizeistation. Wohl eines der härtesten Erlebnisse war, als ich mir über das Wochenende 50 mg Xanax eingeworfen habe. (Anm. d. Red.: Es gibt Xanax-Pillen in verschiedenen Dosierungen. Die niedrigste weist 0,5 mg auf. Diese hat bereits eine starke Wirkung. Das Medikament hat eine Halbwertszeit von 12 bis 15 Stunden.) Ich konnte mich im Nachhinein an das Wochenende und die darauffolgende Woche nicht mehr erinnern. Bekannten von mir ist etwas Tragischeres passiert: Sie haben mehr als zwei Flaschen Hustensaft konsumiert, reagierten darauf mit epi- leptischen Anfällen und ihnen quoll Schaum aus dem Mund. Es ist auch schon passiert, dass Dealer, die «Maka» vertickt haben, Messer zogen. Doch es ist zum Glück nichts Gröberes passiert. Grundsätzlich konsumieren ich und meine Freunde Drogen, die «down keepen» und nichts Aufputschendes. MDMA oder Speed sind nicht unser Film, doch natürlich kennen wir Leute, die auch das konsumieren. Wir benutzen nur Ritalin zum Lernen, man kann sich besser konzentrieren und sich den Schulstoff nach dem ersten Mal Anschauen merken. Den besten Rausch habe ich mit «zwei Bottles Makatussin, einem Back- wood Blunt und meinem favorite Sound».
Sandra, 18
Ich trinke nur Alkohol und rauche «Dope». An das andere Zeug habe ich mich noch nie rangewagt, doch das tun viele meiner Freunde, egal ob männlich oder weiblich. Natürlich ist es schwierig zu schätzen, doch ich würde sagen, dass das Geschlechterverhältnis 50 / 50 ist. Auch Speed, Kokain und Ecstasy sind «in». Es gibt MDMA-Partys in Garagen. In der Schule konzentrierte man sich hinsichtlich Prävention lediglich auf Gras und verteufelte es. Das ist nicht mehr zeitgemäss, weil Alkohol die schlimmere Wirkung hat, wie man weiss. Andere Sachen wie den Hustensaft Makatussin hat man nie diskutiert. Viele meiner Freunde prüfen die Verträglichkeit auf die Drogenmengen im Selbsttest, ein «safer» Umgang wird einem nicht beigebracht. Jeder Körper reagiert auch anders, deswegen nützen Anleitungen aus dem Internet nichts. Der Einfluss, solchen «Stuff» einzuwerfen, stammt sicher von der Musik, vom «Trap-Sound» und von Instagram.